Cum/Ex und Cum/Cum einfach erklärt
Weil ich selbst noch etwas Verständnisschwierigkeiten bezüglich des Cumex Skandals hatte, habe ich das mal für Laien verständlich aufbereitet.
Mich schockiert noch immer der wohl größte Steuerraub der deutschen Geschichte und wie unsere Gesellschaft damit umgeht. Die großartige Arbeit von Finanzwende e.V. macht mich immer wieder aufmerksam darauf und hat mich schließlich dazu bewogen, es jetzt endlich mal verstehen zu wollen. Mir war danach die Geschichte einer fiktiven Comicfigur zu erzählen. Ich habe sie Olaf genannt1.
Olaf braucht Geld
Das hier ist Olaf.
Olaf will mehr Geld.
Als er im Supermarkt Pfandflaschen zurück gibt, kommt er auf eine Idee: Statt die Pfandflasche in den Automaten zu stecken, könnte er doch einfach die Flasche nach dem Scanvorgang wieder rausziehen und so den Pfand immer wieder kassieren.
Und hier fängt die Reise von Olaf durch seine eigene Cum/Ex und Cum/Cum Affäre an. Auch wenn Olaf sich hier noch als ehrbaren Bürger empfindet, der ein Schwachstelle im System ausnutzt, so ist er dabei Betrug am Finanzamt zu begehen2.
Der legale Olaf
Wie war das noch schön, als Olaf ein ehrbarer Bürger war, dem man vertrauen konnte. Er konnte sich in den Spiegel schauen und hatte zu recht Selbstrespekt. Da hat er auch einfach nur die Pfandflaschen zurückgegeben, die er zuvor mit einem Getränk befüllt erworben hatte.
Olaf gibt eine Flasche zurück
und bekommt dafür 25 Cent zurück. Alles so weit richtig, alles so weit fair.
Der Cum/Ex Olaf
Olaf gibt nun seine Pfandflasche nicht zurück, sondern schiebt sie nur so weit in den Automaten, dass das Label gescannt wird und nimmt danach die Pfandflasche wieder raus3.
Jetzt bekommt er nicht nur die 25 Cent zurück, sondern auch noch die Pfandflasche und kann den Vorgang wiederholen. Olaf kassiert also in dem Fall für ein und dieselbe Pfandflasche häufiger die 25 Cent4.
Der Cum/Cum Olaf
Olaf macht nun richtig Schotter mit seinen Pfandflaschen. Statt arbeiten zu gehen, schiebt er den ganzen Tag Pfandflaschen durch Automaten. Bei einem Urlaub in einem Luxushotel auf Zypern lernt er Sanja aus Frankreich kennen. Er erzählt ihm von seinem Betrugssystem. Jeff hat auch wenig übrig für Recht und Moral und hat noch eine bessere Idee. Statt dass Olaf die Flaschen mit Pfandbons kauft, soll er einfach Jeffs Flaschen, die er ohne Pfand in Frankreich gekauft hat, durch den Automaten jagen und damit Pfand kassieren, das er nicht einmal ausgegeben hat. Olaf der inzwischen routinierte Betrüger, willigt sofort in den Handel ein.
Sanja sendet nun seine leeren Flaschen über den Teich, Olaf beklebt diese mit einem Pfandaufkleber und schiebt diese durch die Automaten wie zuvor.
Olaf behaltet einen Teil des Pfands und gibt einen Teil seinem guten Freund Sanja. Ach Ja, Olaf hat natürlich nicht seinen alten Cum-Ex Flaschentrick vergessen.
Sanja kann einfach nicht die Klappe halten
Da Sanja gerne feiert und auch ansonsten ein sehr geschwätziger Typ ist, erzählt er dies all seinen Freunden, die natürlich auch moralisch flexibel genug sind und sofort einsteigen. Die vielen Sanjas suchen sich nun ihre eigenen Olafs und machen ordentlich Schotter auf Kosten der deutschen Steuerzahler.
Die Steuerbehörde wacht auf
Auch wenn unsere Steuerbehörden manchmal etwas zu gemächlich arbeiten, irgendwann fällt Ihnen der Transaktionsbetrug doch auf. Die Sanjas und Olafs bekommen nun böse Briefe vom Finanzamt und vom Anwalt. Immerhin haben Sie sich strafbar gemacht5.
Aber keine Angst lieber Olaf, du hast ja gute Anwälte und deine Freunde in den Behörden verlieren auch schon mal ein paar Dokumente.
Ein trauriges Fazit
Seit 2012 ist den Steuerbehörden die Vorgehensweise um Cum-Cum und den Cum-Ex-Skandal bekannt. Statt um Pfandflaschen-, geht es hier um Aktien-Betrug im großen Stil. Kriminelle Bankiers und Hedgefonds haben sich durch eine eigenwillige Auslegung des Steuerrechts die Taschen voll gemacht. Uns deutschen Steuerzahlern wurde durch die Cumex-Affäre 36.000.000.000 EUR gestohlen. Diese Grafik von Finanzwende e.V. zeigt deutlich was bei der Aufklärung schief läuft:
Mehr als 1.700 beschuldigte, nur 135 Strafverfahren, nur 20 Verurteilungen und nur 13 abgeschlossene Verfahren nach über 11 Jahren. Die Ermittlungsverfahren laufen viel zu langsam. Die großen Winden sich immer raus. Statt mehr Einsatz zu zeigen hat die Ampelregierung noch ein “Schreddergesetz” verabschiedet, was es diesen Akteuren zukünftig noch einfacher macht Dinge zu verlieren oder Dinge zu vergessen und unseren Steuerbehörden es erschwert Nachweise einzuholen6. Bedauerlich, denn unsere Institutionen sind in einer Vertrauenskrise und wir können diese nur retten, wenn wir Verantwortung an oberster Stelle für unsere Taten übernehmen.
Es gibt Hoffnung
Danke an die tollen Menschen von Finanzwende e.V. für die regelmäßige Aufklärung über diese und andere Themen. Dem folgenden Zitat kann ich mich nur anschließen:
“Über Jahrzehnte hat sich die Finanzindustrie immer mehr Einfluss erkauft. Gleichzeitig weichen ihre kurzfristigen Profitinteressen zunehmend von gesamtgesellschaftlichen Zielen ab. Um dieser Entwicklung entgegenzutreten, rufen wir dazu auf, eine Finanzwende einzuleiten. Schließen Sie sich uns an!”7
Jegliche Namen in dieser Geschichte haben keinen Bezug zu realen Personen. Die Namen helfen dabei, sich die Geschichte lebendiger vorzustellen. Ich bin auch kein Jurist oder Steuerexperte, sondern irgendein Typ, der das halt verstehen will.
Zur Strafbarkeit von Cum/Ex und Cum/Cum und generelles dazu https://www.finanzwende.de/themen/cumex. Natürlich ist das mit den Pfandflaschen auch illegal.
Echte Pfandflaschenautomaten haben entsprechende Sicherungsmechanismen. Denk erst gar nicht daran.
Ein echtes Cum/Ex Geschäft ist etwas komplexer, aber das Prinzip dahinter für ein und dieselbe Aktien-Dividende mehrfach Steuererstattungen zu verlangen ist das Gleiche. Bei tiefergehendem Interesse, kann ich den Artikel von Finanzwende e.V. zu “Wie funktionierten die CumEx-Geschäfte?” empfehlen.
Natürlich nur, wenn ihnen eine entsprechende Strafbarkeit nachgewiesen wurde.
Natürlich heißt das Gesetz nicht “Schreddergesetz”. Das war mal wieder eine satirische Wortschöpfung. Es ist als Bürokratieabbaugesetzt gedacht, was aber ziemlicher Quatsch ist in meinen Augen. Heute hat kein großes Unternehmen mehr Unmengen an Archiven mit Papieren rumstehen, sondern alles digital gespeichert und die eine Festplatte mehr oder weniger im Rechenzentrum, interessiert die nicht.
Der Beitrag ist nicht offiziell von Finanzwende e.V., sondern war ein mehrstündiges frühmorgendliches Projekt des Autors. Das Thema hat mir einfach keine Ruhe gelassen. Bei Fragen, Anregungen oder Beschwerden, bitte einfach die Kommentarfunktion nutzen. Ich reagiere auf öffentliche Diskussionen eher, wie auf private Nachrichten.