Politik mit dem BSW, Lehren aus Thüringen, Sachsen und Brandenburg
Wie sich Politik mit der Partei BSW auf Bundesebene gestalten könnte, können wir aus den ersten Erfahrungen der drei Landesverbände Thüringen, Sachsen und Brandenburg ableiten?
Das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) ist eine junge Partei, die für einiges an Aufsehen in der Parteienlandschaft sorgt. Viele sind sich noch nicht im Klaren, was die Parteiziele sind oder nach welchem Programm diese vorgehen1.
Wer will auch schon ein Parteiprogramm lesen und selbst wenn wir das lesen, sagen kann man ja viel, aber wie die Partei sich praktisch im Politikbetrieb verhalten wird, wissen dadurch noch lange nicht.
Hier können uns beim BSW die Erfahrungen aus drei Landesverbänden weiterhelfen2. Diese Analyse ist natürlich mit Vorsicht zu genießen, da natürlich jeweils unterschiedliche Personen in den Landesverbänden am Werk sind. Nach dem was ich bisher verfolgen konnte, lassen sich jedoch ein paar typische Verhaltensweisen ableiten.
Im Folgenden gehe ich zunächst darauf ein, wie die drei Landesverbände in der Öffentlichkeit gewirkt haben, um dann abschließend übergreifende Muster und Unterschiede zusammen zu fassen.
BSW Thüringen
Wie keine andere Persönlichkeit, so hatte Katja Wolf3 hier das Bild des BSW maßgeblich geprägt. Leider nicht so wie wir uns das gerne erhofft hätten. Sie führte die Koalitionsverhandlungen mit der CDU und SPD. Dabei war sie zu so vielen Kompromissen bereit, dass es schnell die Runde machte, das hier ein Koalitionsvertrag zu Stande kommen sollte, der im Wiederspruch zu den Versprechen des BSW stehe. Es deutete sich eine “weiter so” Koalition an. Genau das, wogegen das BSW angetreten war. Dies führte dazu, dass die Bundespartei des BSW mit Sarah Wagenknecht sich einmischte und auf die Beharrung ihrer Grundsätze der Partei bestand4.
Nach einem kurzen öffentlichen Schlagabtausch und dem zunehmenden Druck auf Bundeseben, konnte das BSW wesentliche Änderungen im Koalitionsvertrag durchsetzen. Ein klares Bekenntnis zu Diplomatie und Frieden und die Positionierung zu Innen- wie auch Außenpolitischen Themen wurde stärker auf Kurs der BSW-Kernpunkte gebracht5. Auch wenn die Formulierungen teilweise etwas schwammig wurden.
Auf der einen Seite waren viele Menschen Dankbar, um den Willen von Katja Wolf eine Regierung eines faschistischen Landesministers Höcke zu verhindern, auf der anderen Seite, wurde ihre zu starke Kompromissbereitschaft kritisiert. Pragmatismus ja, aber dabei sollte man seine Grundwerte nicht verkaufen6.
Was können wir aus Thüringen lernen?
Im BSW gibt es neben Sarah Wagenknecht auch andere Köpfe, mit anderen Meinungen. Diese können sich auch durchsetzen, was für eine gesunde Vielfalt in der Partei Spricht.
Die klare Friedenspolitische Ausrichtung wird auch bei Koalitionsverhandlungen mit der CDU oder der SPD nicht geopfert. Auch das Bündnis in Thüringen ist hier letztlich stark geblieben und konnte erste Impulse setzen für die Bundespolitik. Ebenso ist das Bündnis Sarah Wagenknecht auch zu Fragen der Bildung, Gesundheit und Wirtschaftspolitik aussagefähig7. Hier liegt der Fokus auf der Breite der Bevölkerung, die von den politischen Maßnahmen des BSW profitieren wird.
BSW Sachsen
Die Koalitionsverhandlungen zwischen CDU, SPD und dem Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) in Sachsen gestalteten sich schwierig und führten letztendlich zum Abbruch der Gespräche.
Das klare Bekenntnis zur Friedenspolitik und dem Protest zur Stationierung von US-Raketen in Deutschland, konnte nicht als Forderung in einem Koalitionsvertrag unter gebracht werden.
Für weiteres Aufsehen in der Öffentlichkeit sorgte das BSW, als es einem Antrag der AfD zur Einsetzung eines Corona Untersuchungsausschuss zustimmte. Wenn Die AfD, Kernforderungen des BSW, in Anträgen eingibt, warum sollte das BSW dann nicht zustimmen? Alles andere wäre doch Schalentiere an der eigenen Wählerschaft. Leider ist dies im derzeitigen Politikbetrieb gang und gebe8. Nicht aber beim BSW und das sorgte bei den anderen Parteien für Protest.
Was können wir aus Sachsen lernen?
Die Vorgehensweise der Landesvorsitzenden Prof. Dr. Jörg Scheibe und ihrer Fraktion war damit konsistent mit den Kernwerten des BSW, auch wenn dies bedeutet in die Opposition zu gehen. Hier sah man deutlich eine weitere Charakteristik des BSW, klare Positionen zu vertreten und im Zweifel auch auf eine Regierungsbeteiligung zu verzichten.
BSW Brandenburg
Robert Crumbach, als BSW-Landesvorsitzender hat die Verhandlungen dort mit der SPD geführt. Er berichtete insbesondere von strittigen Punkten im Bereich Bildung, Gesundheit und Innenpolitik.
Hingegen war die SPD in Brandenburg von vornherein zu einem klaren Bekenntnis zum Frieden bereit. Es gab von beiden Seiten vertretbare Zugeständnisse, aber die SPD unter Woidke distanzierte sich auch von vornherein auch von der eigenen Bundespartei.
Was können wir aus Brandenburg lernen?
Der BSW-Landesverband ist für die Kernwerte der Partei eingestanden und in Verhandlungen bestätigt. Man war an vertretbaren Stellen zu Zugeständnissen bereit und hat sich damit konstruktiv am Regierungsbildungsprozess beteiligt.
Zusammenfassende Lehren aus den drei Landtagswahlen
Anhand der drei Landtagswahlen kann man gut erkennen, dass das Bündnis Sarah Wagenknecht sich durchaus an Koalitionsverhandlungen zur Regierungsbildung beteiligt. Der Wille zur aktiven Gestaltung der Politik ist vorhanden. Aber und das ist entscheidend, nicht um jeden Preis.
Auch Katja Wolf (BSW-Landesvorsitzende Thüringen) musste sich dies am Bundesparteitag am 12.01.2025 in Bonn eingestehen. Nach Ihrer Rede wurde sie von Christian Leye (BSW Generalsekretär) in die Arme genommen.
Das BSW ist eine junge Partei, die sich im Gegensatz zu vielen anderen Neugründungen durch eine klare Positionierung auszeichnet9. Diese wird konsequent auf Bundes- und Landesebene abgestimmt, um den Wählern wieder die Möglichkeit zu geben, neues Vertrauen in die durch die Politik der vergangenen Jahre beschädigten Institutionen aufzubauen.
Wer sich für die Kernwerte interessiert, wird hier fündig:
https://bsw-vg.de/bundestagswahl2025/
Zur Bundestagswahl 2025 gibt es zum Zeitpunkt der Veröffentlichung eine Kurzfassung des Wahlprogramms. Auf dieser Seite finden Sie später auch das vollständige BSW Wahlprogramm.
Weil die europäische Union etwas anders funktioniert, wird diese hier ausgeblendet. Wenn Dich interessiert, was das BSW auf europäischer Ebene macht, empfehle ich Dir den YouTube Kanal von Fabio De Masi.
Feststellung des offenen Machtkampfes bei Thüringen24. Auch Jessica Tatti und Ralph Suikat haben sich in einem Beitrag bei T-Online schlagkräftig öffentlich eingemischt.
Link zum Koalitionsvertrag. Auch wenn die Positionen nun stärker ausgeprägt sind, so sind diese noch immer etwas zu schwammig für meinen Geschmack formuliert. Sie könnten schärfer sein. Ich vermute das angesichts der Situation hier
Um seine Grundwerte nicht bei der erstbesten Gelegenheit zu Verraten, braucht man diese natürlich zunächst. Gerade auf der Ebene von Katja Wolf, sollten diese aber sowas von mit den Kernwerten der Bundespartei übereinstimmen.
Siehe (1).
Ein kürzliches Beispiel hierfür ist die Verfahrensweise zum Mindestlohn. Während das BSW bereits in der vergangenen Legislaturperiode einen Antrag zur Erhöhung des Mindestlohns eingebracht hat, dies aber von der SPD Mehrheitlich abgelehnt wurde, haben diese nun selbst eine gleichlautende Erhöhung in ihrem Wahlprogramm verfasst. In dem hier verlinkten Artikel finden Sie die aktuellen Positionen zum Mindestlohn der verschiedenen Parteien gut zusammen gefasst.
Sahra Wagenknecht hat sich in der Vergangenheit als “Stimme der Vernunft” im Bundestag, in Talkshows und durch ihre starke Social Media Präsenz ausgezeichnet.
Sehr interessante Analyse. Danke dafür!